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ICH BIN HIER

CorfeCastle

In der Cellar Bar ist alles so ganz anders als an den meisten Orten der englischen Ausgehszene.

Statt Kleidchen und High Heels, dicken Autos und Cocktails, langen Schlangen junger Leute und Chart-Musik findet man hier einen bunten Mischmasch aller Altersklassen in Jeans und T-Shirt mit einem Pint Bier oder Ale in der Hand. Abends stehen unbekannte Bands und Solistinnen auf der Bühne, das Publikum lauscht an der Bar, tanzt unbeschwert oder sucht im verwunschenen Hinterhofgarten Zuflucht. Je nachdem, was an dem Abend so dargeboten wird.

Eine Kombination aus „nicht so unsere Musik“ und dem dringenden Bedürfnis, viel zu quatschen, trieb uns in das Gärtchen. Gäste spielten mit dem Hund irgendeines anderen Gastes. Neben uns unterhielt sich eine Gruppe von Schotten laut, lachend und komplett unverständlich. Und da, in der Ecke über einer Bank, hing so ein Schild, wie man es aus Shabby Chic Läden kennt. Ein Pfeil nach unten mit den Worten I am here. Ich bin hier. So einen Hinweis hatten wir gerade auf der Karte der Purbeck Mountains gesehen, als wir uns Richtung Corfe Castle zu orientieren versuchten. Überaus praktisch, wenn man gerade nicht weiß, wo man sich in Relation zur Umgebung befindet.

Aber hier? Ja wohl eher unnötig, oder? Der Besucher weiß ja, wo er sich gerade aufhält. Im Garten der Bar halt. Was soll das also?

Da fast alle Wände der Cellar Bar mit witzigen Sprüchen beschrieben sind, wahlweise dirty sexy oder in irgendeiner Form das Trinken von Bier betreffend, ist anzunehmen, dass auch der Pfeil mit dem Hinweis I am here einfach nur witzig sein soll.

Aber ich finde, da steckt noch mehr drin.

Ich stelle mal die steile These auf, dass die meisten von uns sich zwar körperlich an einem bestimmten Ort aufhalten oder sich durch diesen hindurchbewegen, sich aber geistig und emotional zumindest einen Schritt weiter vorne und oft sogar an einem ganz anderen Platz befinden.

Ich sitze hier auf meinem Stuhl vorm Laptop. Meine Aufmerksamkeit aber ist in der Cellar Bar.

Vielleicht hat dieser Text auch dich ein wenig Luft schnuppern lassen, die nach Kneipe und Strand riecht.

Gute Filme und Bücher entführen uns in komplett neue Welten, aus denen wir uns danach langsam den Weg zurück in unser eigentliches Hier und Jetzt bahnen müssen.

Das ist wundervoll, denn so lässt sich praktisch jeder Winkel des Universums bereisen und erkunden, vom Sandkorn der Sahara bis zum Ring des Jupiters. Ganz einfach vom Sofa aus. Während dein Po auf der Couch sitzt, fliegt dein Geist durchs Weltall. Schon toll!

Was als Inspiration und der Freude dienen kann, funktioniert auch gut als Ablenkung von Schmerzen, seien sie körperlicher oder geistig-emotionaler Natur. Man entschlüpft dem eigenen Zustand, indem man Refugium in fremden Gedanken und Bildern findet.

Denselben Trick nutzen wir Menschen gerne bei Langeweile. Stress. Um unangenehme Erledigungen aufzuschieben. Um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, sei es mit unseren eigenen Gefühlen oder denen unserer Mitmenschen.

Was uns dadurch entgeht? Lernprozesse und Entwicklung. Klarheit in Bezug auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Wahre Begegnung. Und jenes tiefe Empfinden von Glück, das sich einstellt, wenn Körper und Geist ganz aufeinander ausgerichtet sind. Wenn ich mir und meiner Umwelt in voller Tiefe und schonungsloser Ehrlichkeit begegne. Und im Moment lebe.

Bei all dem Wegrennen vor dem Hier und Jetzt erscheint es da plötzlich doch sinnvoll, sich ein Schild über den Lieblingssessel zu hängen. Ein Pfeil nach unten mit dem Schriftzug Ich bin hier.

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